Buch · Rezension

J.R.R. Tolkien: König Arthurs Untergang

Als ich erfuhr, dass Tolkiens unvollendete Werk über Arthur doch erscheinen soll, war ich sofort begeistert. Ich erwarb die originale Fassung, welche mir viel Freude bereitete. Doch ein alt-nordischer Stabreim ist nicht einfach zu lesen, auch wenn Tolkien sich die Mühe machte und auf neu-englisch schrieb. Als dann dieses Jahr bei Klett-Cotta die Übersetzung erschien musste ich auch diese haben.

Geschichten über König Arthur und sein Leben existieren fast wie Sand am Meer. Vom Kinderbuch, über Comics, Graphic Novels, Romane und Filme – kaum ein Medium wurde noch nicht davon überschwemmt. Er ist ein Wahrzeichen des christlichen Glaubens, wahrer der britischen Traditionen und Kriegsheld. Die Forschung diskutiert immer noch darüber, ob er wirklich existiert hat, welche Legenden der Wahrheit entsprechen und wie er richtig dargestellt werden sollte.

Es gibt verschiedene Quellen aus dem Frühmittelalter, die mit dem Konflikt der Briten und Angelsachsen zusammen hängt. Es gibt den Artusroman aus dem französischen, deutschen und angelsächsischen Hochmittelalter. Über die Jahrhunderte wuchs aus einer Legende ein ganzes Genre der Literatur. Arthurs Hof wurde zu einer Konstanten, auf die viele mittelalterliche Dichter zurück griffen. Chrétien de Troyes, Hartmann von Aue und Wolfram von Eschenbach sind die bekanntesten Autoren von arthurischen Gralromane.

König Arthur in Geoffrey von Monmouths Historia Brittonum (15. Jh.). Quelle: Wikipedia
König Arthur in Geoffrey von Monmouths Historia Brittonum (15. Jh.). Quelle: Wikipedia

Wieso schrieb Tolkien, der als Vater der Fantasy-Romane gilt, über König Arthur? Und warum gerade über dessen Untergang? Ganz einfach: Alle Romane und Geschichten über Arthur sind Fantasy-Geschichten. Und doch trauen sich nur die ganze großen Autoren (oder die, die sich dafür halten) an dieses Thema heran. Es gehört eine große Menge Mut und Recherche dazu, denn fast jeder, der gerne Fantasy ließt, hat schon einmal einen Artusroman in der Hand gehabt (in der einen oder anderen Weise).
Tolkien konzentrierte sich auf Arthurs Untergang, weil einer der wichtigsten Teile der Geschichte ist. Da es kein Grab gibt (zumindest nicht in den Ergebnissen der Forschung), formte sich ein spezieller Gedanke. Arthur muss in eine andere Sphäre aufgestiegen sein, anders konnte sein außergewöhnliches Leben nicht enden. Die beliebteste Version beinhaltet die nicht existierende Insel Avalon und die Anderswelt.

Direkt vor Arthurs Tod fand eine entscheidende Schlacht am bisher nicht lokalisierten Mons Bodum statt. Dort soll Arthur gegen seinen unehelichen Sohn/Erzfeind/Gegenspieler Mordred die letzte Schlacht schlagen. Die beiden Protagonisten treten in den verschiedenen Geschichten aus unterschiedlichen Gründen gegen einander an. Egal welche Beweggründe zu einem Aufeinandertreffen führte, Arthur stirbt zum Schluss.

Leider konnte Tolkien zu seinem Stabreim-Werk das Ende nicht mehr verfassen. Und trotzdem ist das Buch absolut lesenswert. Es ist gefüllt mit unglaublich schöner Dichtkunst. Was ist ein Stabreim, fragt ihr euch? Das ist ein Stilmittel, welches überwiegend in der germanischen Dichtung verwendet wurde. Er wurde vom dänischen stavrim abgeleitet und schon in der Edda von Snorri Sturluson (1178-1241) verwendet. Tolkien hatte eine besondere Vorliebe für mittelalterliche Dichtung und verarbeitete viele seiner Eindrücke in seinen Werken.

Und trotz des fehlenden Endes ist dieses Werk wundervoll poetisch und voll großer Bilder. Es ist schade um die Passagen, die nicht fertig gestellt werden konnten. Und ich bin Christopher Tolkien dankbar, dass er die Arbeiten seines Vaters uns zugänglich macht.


                                          Der Abend kam,
und träge trieb     ein trüber Mond
durch die fliegenden Fetzen     am fernen Himmel,

wo Sturmesströme     die Sterne durchrauschten.
Feuer flackerten,     Fähnchen aus Gold,
unter gräulichen Gipfeln.     In der großen Dämmerung
standen gespenstisch     schimmernd am Boden
wie Elbengewächse     im ältlichen Herbstgras,
vor Blicken verborgen     in gebirgiger Senke,
die Zelte Arthurs. – I, 111-118, Seite 25.


 J. R. R. Tolkien: König Arthurs Untergang, Klett-Cotta, Stuttgart: 2015.

2 Antworten auf „J.R.R. Tolkien: König Arthurs Untergang

  1. Absolut interessant! Als ich das Facebook-Preview dazu gelesen habe war mein erster Impuls: das musst du lesen! Alleine schon weil Arthur & Tolkien zwei ziemlich große Namen sind, das muss sich einfach vertragen, auch wenn ich total überrascht war zu lesen, dass Tolkien sich an so etwas versucht hat.
    Dabei fällt mir aber wieder auf, wie schwammig mein Wissen wieder geworden ist. Ich wusste mal viel mehr über Arthur & jetzt kann ich mit Mühe ein paar Fakten zusammenkratzen. Also danke für den Anstoß mich mal wieder mit ihm zu beschäftigen!

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